ZEIT Magazin Online

2022-10-26 14:42:52 By : Ms. YY INK

Jede Person in Deutschland wirft pro Jahr durchschnittlich etwa 75 Kilo Lebensmittel weg. Eine Möglichkeit, dem entgegenzuwirken: übrig gebliebenes Essen einfrieren und später essen. Doch welche Lebensmittel eignen sich überhaupt für die Tiefkühltruhe, unter welchen Umständen ist der Zipper-Beutel vertretbar und was haben Chips im Froster zu suchen? Susann Kreihe ist Köchin und Rezeptbuchautorin aus Augsburg, Gabriele Kaufmann ist Ernährungswissenschaftlerin und arbeitet beim Bundeszentrum für Ernährung (BZfE) in Bonn. Die beiden Expertinnen erklären, was es beim Einfrieren zu beachten gibt und wieso sogar kalter Kaffee, der letzte Schluck Wein und der Plätzchenteig, den niemand mehr ausstechen wollte, ihre zweite Chance verdient haben.

Ausgebildete Köchin und Betriebswirtin, arbeitete als Assistentin von Johann Lafer, ist Kochbuch- und Rezeptautorin, unter anderem: Meal Prep on Ice. Vorkochen. Einfrieren. Mitnehmen. Genießen.

Festeres Gemüse und Obst wie Karotten, Bohnen, Erbsen oder Mirabellen, Zwetschgen und Kirschen eignen sich gut zum Einfrieren, sagt Köchin Susann Kreihe. "Gemüse sollte man vorher blanchieren. Damit werden Keime abgetötet und so vorgegart kann man es nach dem Auftauen direkt verwenden." Früchte müssen nur geputzt, gewaschen, entsteint und vielleicht schon in die passende Größe geschnitten werden. Um sinnvoll und genussvoll Lebensmittel einzufrieren, brauche es aber vor allem eine gute Qualität: "Durch Einfrieren kann ich aus etwas Schlechtem nicht etwas Gutes machen", sagt Diplomökotrophologin Gabriele Kaufmann vom BZfE. "Obst, das kurz vorm Verschimmeln steht, sollte man nicht mehr in die Tiefkühltruhe geben, weil es damit auch nicht mehr zu retten ist." Überreifen Bananen darf man allerdings ein zweites Leben schenken: Püriert, in Scheiben geschnitten oder als Ganzes eingefroren eignen sie sich trotz brauner Stellen noch wunderbar für Smoothies oder Bananenbrot.

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In Scheiben geschnittenes Brot und trockene Backwaren wie Biskuit-, Rühr- oder Mürbeteig funktionieren ebenfalls gut fürs Einfrieren. Plätzchenteig könne am besten zu Rollen geformt, Hefeteig roh oder nicht ganz durchgebacken in Backpapier eingefroren werden, sagt Kreihe. Auch Hülsenfrüchte, Pasta oder Reis vertragen das Tiefkühlfach. "Sie sollten aber al dente gekocht sein, damit sie hinterher nicht zu matschig werden." Fisch und Fleisch seien ebenfalls beste Einfrierkandidaten, wichtig dabei: "Immer auf die Hygiene achten und die Kühlkette einhalten." Butter oder Hartkäse können stückweise eingefroren werden und auch bereits geriebener Käse darf übrigens in die Truhe. Alle Zutaten und Gerichte sollten abgekühlt sein und mindestens Zimmertemperatur haben, bevor sie eingefroren werden.

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Zerkleinerte Kräuter kommen nach Sorten getrennt in Dosen, Beutel oder mit ein wenig Wasser in Eiswürfelbehälter. Sogar Nüsse bewahrt man im Tiefkühlfach davor, ranzig zu werden. Und die Ausrede, dass die Chips dringend gegessen werden müssen, damit sie nicht latschig werden, ist auch hinfällig: Tüte verschließen, ab ins Gefrierfach – und nach dem Auftauen im Backofen knuspern sie genauso wie zuvor.

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Diplomökotrophologin und Wissenschaftsredakteurin für Lebensmittelkunde im Referat Gesunde Ernährung am Bundeszentrum für Ernährung (BZfE).

Fertig gekauftes Tiefkühlgemüse oder -obst ist sehr viel besser als sein Ruf: Je nachdem, wie lange frische Nahrungsmittel gelagert werden, ist die Vitaminbilanz bei Tiefkühlkost sogar besser als bei frischem Gemüse, wie Studien belegen. So hatten tiefgefrorene Bohnen laut einer Studie der Universität Hamburg sogar einen höheren Vitamin-C-Gehalt als die erntefrischen Vergleichsprodukte. Gabriele Kaufmann meint dazu: "Tiefkühlgemüse kann man gut ab und zu verwenden, weil das in sehr gutem Qualitätszustand eingefroren wurde und viele Nährstoffe enthält." Und dass die Klimabilanz trotz eiskalter Lagerung nicht schlechter ist als bei anderen Lebensmitteln, zeigte 2012 eine Studie des Öko-Instituts. Zusätzlich hilfreich, um die Umwelt auch in den eigenen vier Wänden zu schonen: ein energieeffizientes Gerät und der richtige Standort, nämlich mit Abstand zur Wand und nicht neben einer Wärmequelle. 

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Ganz klar: Eier. Kreihe zählt auf: "Rohe Eier in der Schale sollte man nicht einfrieren, weil sie platzen können. Gekochte Eier werden gummiartig, das schmeckt einfach nicht." Vorsichtig sein solle man auch bei Lebensmitteln mit rohem Ei, wie Mayonnaise oder Cremefüllungen, weil sich beim Auftauen mögliche Salmonellen vermehren könnten. Einzige Ausnahme: "Reste von Eigelb oder Eiweiß lassen sich gut in Eiswürfelbehältern einfrieren", sagt Kreihe. Danach müssen sie erhitzt werden, um Keimbelastung zu vermeiden. Nicht gesundheitsschädlich, aber nicht mehr appetitlich seien Milchprodukte: "Quark, Sauerrahm und Joghurt verändern tiefgefroren die Konsistenz, werden und bleiben leider auch grießig." Auch weiche Käsesorten wie Camembert seien nicht geeignet.

Kartoffeln, sagt Kreihe, schmecken nach dem Einfrieren süßlich, darum sollte man Kartoffeln nur zubereitet im Tiefkühlfach aufbewahren: "Zum Beispiel gekocht in einem Eintopf, dessen Soße den veränderten Geschmack mildert." Salat werde matschig, genauso wasserhaltiges Obst und Gemüse wie Zucchini, Gurken, Zitrusfrüchte, Wassermelonen, Radieschen oder Tomaten. Verarbeitet und verkocht können Tomaten jedoch problemlos eingefroren werden.

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Köchin Kreihe plädiert dafür, Behälter zu verwenden, die man ohnehin besitzt, egal ob Glas oder Kunststoff. Benutzt werden können etwa leere Honig- oder Marmeladengläser. "Aber Achtung: keine Gläser nehmen, die nach oben schmäler werden, da das Glas sonst springen kann, wenn sich Lebensmittel ausdehnen", sagt Kreihe. Darum sollte man das Glas auch nur zu drei Vierteln füllen und den Deckel erst zuschrauben, wenn der Inhalt gefroren ist. Kreihe verwendet gern eckige Behälter, weil sie sich gut stapeln und nebeneinanderstellen lassen und dadurch platzsparender sind. Kleine Reste friert sie in Eiswürfelformen ein: Pesto, passierte Tomaten, Kaffee oder der Schluck Wein, der nicht getrunken wurde und den man später verkochen will. Auf Zipper- oder Folienbeutel soll man laut Kreihe aus Umweltgründen möglichst verzichten: "In kleineren Gefrierfächern könnten sie allerdings praktisch sein, weil man im Beutel wesentlich mehr unterbringt als in Boxen." Wer nur für ein paar Wochen einfriert, kann bei Lebensmitteln wie Brot oder Obst und Gemüse am Stück und in der Schale auch auf Papier, zum Beispiel Tüten vom Backladen, auf Stoffbeutel oder Bienenwachstücher zurückgreifen – oder ganz auf die Verpackung verzichten.

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Mindestens minus 18 Grad sollte das Gefrierfach haben. Wenn es keinen Gefrierschrank, sondern nur ein Eisfach im Kühlschrank gibt, hilft laut Kreihe ein Thermometer und die Regel: lieber nur für Wochen statt für Monate einfrieren. Bei deutlich mehr als minus 18 Grad sollte man maximal für eine bis drei Wochen einfrieren. "Ich persönlich würde auf das Einfrieren von Fisch und Fleisch verzichten, wenn die Kühlleistung nicht konstant gegeben ist", sagt sie.

Da es im Gefrierschrank anders als im Kühlschrank keine großen Temperaturunterschiede gibt, sollte man sich beim Einräumen nicht nach Lebensmittelgruppen richten, sondern an der Haltbarkeit: Schon länger eingefrorene Lebensmittel sollten ganz vorn oder im oberen Fach gelagert werden, damit sie bald aufgebraucht werden.

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"Lebensmittel sind sozusagen immer lebende Produkte", erklärt Gabriele Kaufmann vom BZfE. "Das macht es so schwierig, pauschale Aussagen zu treffen." In der Tabelle des BZfE sind die Siegerinnen bei der Lagerdauer Himbeeren und Erdbeeren mit bis zu 24 Monaten aufgeführt, gefolgt von Kirschen und Aprikosen mit bis zu 18 Monaten. Kaufmann empfiehlt jedoch, Obst und Gemüse maximal von Saison zu Saison im Gefrierschrank aufzubewahren. Die Köchin Susann Kreihe hat für sich selbst die Faustregel, Lebensmittel maximal drei Monate einzufrieren. "Bei anderen können das sechs Monate sein – man sollte auf sein Gefühl hören", empfiehlt sie. "Wenn ich nach einem Jahr mein Gulasch aus dem Kühlfach hole, esse ich das nicht mehr gern." Um den Überblick zu bewahren, schreibt Kreihe daher auf die Behälter Inhalt und Datum und führt Inventurlisten über den Inhalt ihres Gefrierschranks – sodass sie immer weiß, was dringend als Nächstes verbraucht werden muss. Generell ist bei Fisch und Fleisch laut Kaufmann aus hygienischen Gründen Vorsicht angebracht. Manche Arten sollten nicht länger als ein bis vier Monate eingefroren bleiben, zum Beispiel Ente, Seefisch oder Aal. Andere Sorten wie Huhn oder Hase dürften bis zu acht Monate eingefroren werden.

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Manche Lebensmittel holt man leider mit Gefrierbrand aus den Tiefen des Tiefkühlschranks: Die weißen, gräulichen oder braunen Stellen an Brot, Fisch oder Fleisch entstehen, wenn die Verpackung ein wenig aufgegangen und Luft an die Nahrungsmittel gekommen ist. Das bedeute zwar eine Qualitätseinbuße in Bezug auf den Geschmack und die Konsistenz. Gesundheitlich sei Gefrierbrand jedoch unbedenklich, sagt die Ernährungswissenschaftlerin Kaufmann. Es sei denn, er ist entstanden, weil die Kühlkette unterbrochen wurde. Gefrorene Maiskörner oder Erbsen, die man klumpig aus dem Fach holt, waren vermutlich schon mal angetaut. Weggeworfen werden müssen sie deshalb nicht – aber sie sollten bald verzehrt werden.

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"Eintöpfe, Suppen, Sugo, Fleischgerichte – alles, was deftig ist und besser wird, je länger man es stehen lässt, eignet sich besonders gut, um es auf Vorrat einzufrieren", sagt die Köchin Susann Kreihe. Das Essen sollte beim Einfrieren direkt so portioniert werden, wie es später auch verbraucht wird – weil zubereitete Gerichte nach dem Auftauen aus Hygienegründen nicht erneut eingefroren werden sollten.

Das lohnt sich auch, wenn man eine Grundlage einfriert, um sie später zu variieren: "Ich koche zum Beispiel gern einen Topf Bolognese vor, den ich in mehrere Portionen aufgeteilt einfriere und dann später teils mit Kichererbsen, teils mit Linsen, teils mit Karotten zubereiten kann." Nach dem Auftauen sollte man nachwürzen, rät sie, weil Speisen im Gefrierfach oft milder werden.

Doch nicht nur ganze Mahlzeiten, auch Schalen und Abschnitte von Gemüse und Kräuterstängeln lagert Kreihe in der Tiefkühltruhe, um daraus Brühe oder eine pürierte Gemüsesuppe zuzubereiten: "Immer, wenn davon beim Kochen etwas übrig bleibt, wandert das in einen Behälter im Gefrierfach."

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"Die Küchenhygiene ist bei leicht verderblichen Lebensmitteln wie Hackfleisch extrem wichtig", warnt Ernährungswissenschaftlerin Kaufmann. Alles mit Fisch und Fleisch müsse sehr gut durchgegart und möglichst langsam, am besten im Kühlschrank, aufgetaut werden, damit sich keine unerwünschten Keime bilden: "Empfindliches Geflügel zum Beispiel über Nacht im Sieb im Kühlschrank auftauen."

Unproblematischer seien Brot oder Toast, das man bestenfalls schon in Scheiben eingefroren hat: "Das kann ich einfach in den Toaster oder in den Backofen stecken, eventuell vorher noch Eiskristalle abklopfen." Geschnippeltes Gemüse könne direkt im Topf oder in der Pfanne aufgetaut werden, Nudel- und Reisgerichte im Backofen: "Das hat den Vorteil, dass sie nicht zu matschig werden", sagt Kreihe. Empfindliche Torten, Gebäck oder Desserts wie rote Grütze sollten bei Zimmertemperatur aufgetaut werden. Kaufmann rät allgemein dazu, den, wie sie sagt, geringen Aufwand fürs Blanchieren, Schneiden und Portionieren vor dem Einfrieren einzuplanen: "Dann geht das Auftauen einfach und man kann die Lebensmittel spontan und schnell nutzen."

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Für Eintöpfe, Suppen, Sugo, selbst Gulasch, ist mir der Platz in der Truhe zu knapp, die wecke ich lieber ein. So halten die sich nicht nur praktisch ewig, ich brauche nur einen Blick aufs Regal, um zu sehen, was allmählich zur Neige geht, und ich muss nur entsprechend viele Gläser aufmachen, wenns mal schnell geht, oder überraschend Besuch kommt. Was ich einfriere kommt in rechteckige Behältnisse, die sich leicht stapeln lassen, oder, vakuumiert in Beutel. Vakuumierer für den Hausgebrauch kosten inzwischen nicht mehr die Welt, dafür friert man aber keine Luft ein, und Gefrierbrand gibt es, wenn das Gefriergut trocken ist, auch nicht. Für Fisch und Fleisch gibt es da spezielle Vliese, die die Feuchtigkeit im Beutel aufnehmen.

Zum Einwecken: Einfach kochend ins Glas, Deckel drauf und fertig oder wird anschließend noch im Topf oder Ofen erhitzt, damit es auch wirklich ewig hält?

Beste Ergebnisse erzielen Heidelbeeren bei Beerenobst, weil sie im Gegensatz zu Him- oder Brombeeren nicht matschig werden. Alles Beerenobst am besten trocken und offen auf einem flachen Tablett verteilt gefrieren und danach erst in Behälter umfüllen. Und die Beeren, die beim Auftauen gern zum matschig werden neigen, lasse ich in einem "Bett" aus Quark, Joghurt oder Sahne auftauen.

Eine Nachfrage zum Abschnitt "Und wie geht richtiges Auftauen?": Was spricht für oder gegen Auftauen in der Mikrowelle?

Je langsamer Sie auftauen lassen, desto besser schmeckt es dann. Probieren Sie es aus..

Danke für diesen Artikel. Herzliche Grüsse

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